Europa
Aus den Trümmern des zweiten Weltkriegs formte sich Europa als wertebasierter Staatenbund. Heute ist Europa für viele Menschen aus aller Welt ein begehrter Sehnsuchtsort. Europa selbst sonnt sich in ihrem Glanz und erscheint etwas abgehoben. Ihre üppige Fülle quillt über das Band hinaus, das die Figur zusammenzuhalten scheint. Auf dem Band stehen "Freude", "Götterfunken" und "Elysium" als Stichwörter aus der Europahymne. Die hörnerförmige Frisur spielt auf eine antike Sage an: Der Göttervater Zeus hatte sein Auge auf das Mädchen Europa geworfen. Um sich ihr unauffällig zu nähern, verwandelte er sich in einen hübschen Stier, und als Europa sich zutraulich auf seinen Rücken geschwungen hatte, entführte er sie auf eine Insel des später nach ihr benannten Kontinents.
Höhe ca. 140 cm, Koksbrand 2024
Kassandra
Kassandra war laut der griechischen Sage eine trojanische Prinzessin. Der Gott Apoll hatte ein Auge auf sie geworfen und beschenkte sie mit der Sehergabe in Erwartung erotischer Gegenleistungen. Das lehte sie ab, und Apoll vergiftete ihre Gabe mit dem Fluch, dass niemand Kassandras Voraussagen ernst nehmen sollte...
Im trojanischen Krieg warnte Kassandra ihre Landsleute vor der List der Griechen und wurde ausgelacht. In der Folge musste Kassandra sehenden Auges miterleben, wie die Griechen unter Odysseus das trojanische Pferd, das vermeintliche Geschenk, in dem Krieger versteckt waren, in die trojanische Festung einschleusten. So konnten sie Troja nach langer Belagerung einnehmen.
Höhe ca. 150 cm, Koksbrand 2023
Seraph
Im christlichen Mittelalter spekulierte man viel über Gestalt und Funktion von Engeln. Es gab hierarchische himmlische Chöre. Die Seraphim waren in der oberen Engel-Hierarchie und umschwärmten Gottes Thron. Man stellte sie sich entflammt von der göttlichen Liebe vor.
Damals wurden Engel oft mit Augen auf den Flügeln abgebildet, als Zeichen der Weisheit. Engel waren früher keine lieblichen Kitschfiguren, sondern gewaltige Mächte.
Höhe ca. 157 cm, Koksbrand 2022
Ziegen sind aus unserer zivilisierten Landschaft weitgehend verschwunden, aber die Bilder und Begriffe, die auf das Verhalten von Ziegen zurückgehen, sind in unserer Sprache präsent: zickig, bockig, geiler Bock, Sündenbock.
Schaue ich einer Ziege in das gelbe Auge mit der merkwürdig länglichen Pupille, tauche ich in die Welt der antiken Mythen ein:
Da gab es Wein trinkende Satyrn und den gehörnten Hirtengott Pan mit der Panflöte. Wer Pan in seiner Mittagsruhe störte, dem versetzte er einen "panischen" Schrecken. Der Gott Zeus wurde als Säugling von der Nymphe Amalthea mit der Milch einer Ziege ernährt. Aus einem abgebrochenen Horn dieser Ziege machte Zeus das berühmte "Füllhorn", ein Bild, das heute noch Fruchtbarkeit und Fülle symbolisiert.
Als die antiken Götter mit der Ausbreitung des Christentums allmählich verblassten, veränderte sich das Image der bislang nützlichen und freundlichen Haustiere. Die Ziegenhörner und die Bocksbeine wurden zu teuflischen Attributen.
In der Antike wurden Ziegenböcke und andere Haustiere auch den Göttern geopfert. In der hebräischen Mythologie wird der Ziegenbock erstmals zum Sündenbock. Beladen mit den Sünden der Gemeinde wird er in die Wüste geschickt. Dort entschwinden die Sünden dem Bewusstsein.
Im Christentum wird Christus als das "Lamm Gottes" bezeichnet, das die Sünden der Welt hinwegnimmt. Damit ist er der ultimative Sündenbock.
Die Hexenverbrennungen sind auch Beispiele für Sündenböcke und für den Umgang mit dem "Bösen". In frauenfeindlichen Zeiten wurde dieses gern auf Frauen projiziert.
Die unfreiwillige Rolle des Sündenbocks ist eine Rolle, die man sich nicht aussucht. Hinter dieser Rolle, Maske, diesem Gefängnis leidet ein Mensch an dieser Bürde.